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: Bayern München in Italien: Eine wunderbare Idee

Gott- und kaiserfroh

Es war zweifelsohne Franz Beckenbauers beste Idee seit seinem Entschluss, nach Amerika zu gehen: Bayern München in die italienische Liga! Ein Gedanke, der angesichts des am Wochenende zu beobachtenden eskalierenden Dummbeuteltums an der Isar zusehends an Attraktivität gewinnt.

Wäre es nicht schön: eine Bundesliga, die sich endlich wieder auf das Wesentliche konzentrieren kann, den Fußball nämlich, ohne ständig von Tiraden heißgesichtiger Wurstfabrikanten, beleidigter Vize-Leberwürste und auf düster gedimmter Lichtgestalten heimgesucht zu werden. Keine Amok laufenden und haarwurzelmassierenden Torhüter mehr, dafür, als kleine Nachbarschaftshilfe, jede Menge neue Planstellen bei der österreichischen Autobahnpolizei zwecks Überwachung der Strecke vom und zum Brenner. Reichlich Spannung an der Tabellenspitze, fairer Kampf um die Plätze – und die Nationalmanschaft muss auch nicht mehr komplett bei den Bayern spielen. Kennt in Italien eh keiner, die Jungs. Die Münchner kämpfen derweil wacker um Plätze im UI-Cup, denn, das hat Beckenbauer nach seinem mutigen Vorstoß sofort scharfsichtig erkannt, zumeist bewegen sie sich etwa auf dem Niveau von „Como“ (derzeit Tabellen-17.) und „Brescia“ (9.). Dafür kommt der süddeutsche Fußballfreund in den Genuss, Mannschaften wie Juventus Turin, Inter Mailand oder AS Rom in der Fröttmaninger Allianz-, Kirch- oder „Wir gegen alle“-Arena bestaunen zu dürfen. Wie es gegen die ungefähr aussieht, hat man ja zuletzt in der Champions League am Beispiel des AC Mailand begutachten können.

Werner Hackmann, Präsident der Deutschen Fußball-Liga (DFL), wird es zwar nicht zugeben, aber auch er wäre sicher gott- und kaiserfroh, wenn die Dauerlamentierer aus dem Süden ihre selbstgerechte Larmoyanz künftig noch weiter südlich, nämlich jenseits der Alpen, versprühen würden. Das gilt vor allem für „Super-Kalle“ Rummenigge, den Vizepräsidenten, der sich gerade als eine Art Roland Koch des Fußballs zu stilisieren sucht und beim Versuch, Unrecht in Recht umzudeuten, erstaunliche Höhen erklimmt. „Vergiftet“ sei die Atmosphäre zwischen den Bayern und der Liga, verkündete Rummenigge, „wir möchten mit dieser DFL nichts mehr zu tun haben.“ Ganz so, als hätten Hackmann und die Bundesliga-Manager heimlich das Ende der Zentralvermarktung von Fernsehrechten beschlossen und den Bayern nicht Bescheid gesagt. Dabei hatte es der DFL-Präsident lediglich als „moralisch verwerflich“ bezeichnet, dass die Münchner als „bezahlte Lobbyisten“ (Der Spiegel) für Kirchs mittlerweile kollabiertes Medienimperium tätig waren.

Nun sind die Maßstäbe der Moral im deutschen Sport ja ohnehin anders definiert als vielerorts. In den USA etwa musste eine NOK-Präsidentin zurücktreten, weil sie ein bisschen bei ihren akademischen Graden geschummelt hatte, und ein Generalsekretär desselben NOK, weil er eine Firma, zu der sein Bruder Kontakte hat, für einen Auftrag bei den Panamerikanischen Spielen in Puerto Rico ins Spiel brachte, den sie dann nicht erhielt. Hierzulande bekommt ein Vizepräsident des Organisationskomitees für die Fußball-WM 2006, der – heimlich – auf der Gehaltsliste von Firmen steht, die direkt an dieser WM verdienen, vom Innenminister persönlich Absolution erteilt. Ein Fußballverein, der gegen Statuten verstößt, indem er – heimlich – 20 Millionen Mark auf das Konto eines Spielers überweist, den er gern haben möchte – ganz bayrisch-unverbindlich als Darlehen natürlich –, bleibt sogar völlig ungeschoren und besitzt noch die Dreistigkeit, wochenlang die Verletzung des Bankgeheimnisses als Hauptskandal anzuprangern.

Da ist es kein Wunder, dass derselbe Klub, wenn er – heimlich – von einem Medienkonzern bezahlt wird und dessen Interessen in diversen Verbandsgremien vertritt, recht billig mit einem Vergleich und 3 Millionen Euro Strafe, aber wundersamerweise ohne Punktabzug davonkommt. Wobei es sich bei der Zahlung natürlich auf gar keinen Fall um ein Schuldeingeständnis handelt, sondern um pure Großmut und das Bestreben, Schaden vom „gesamten deutschen Fußball abzuwenden“, so Karl-Heinz Rummenigge salbungsvoll.

Ziemlich gespannt sein darf man angesichts der finanziellen Verwerfungen im Bayernland jedenfalls auf den im Juli stattfindenden Prozess, den Lothar Matthäus um die Abrechnung seines Abschiedsspiels führt. Und natürlich auf den Abstiegskampf in der italienischen Liga in den kommenden Jahren. MATTI LIESKE